11.01.2018 - Ende 2017 hat pbi das Departement Petén besucht. Die seit Jahren regelmäßig stattfindenden Besuchsreisen in den Norden Guatemalas dienen vor allem dazu, die Menschenrechtslage direkt vor Ort zu beobachten. Dieses Mal stand die Situation in verschiedenen Naturschutzgebieten des Departements im Fokus der Reise.
Die Besuchsreisen nach Petén, dem „vergessenen“ Departement im Norden des Landes, sind bereits seit Jahren eine „Tradition“ des pbi-Guatemalaprojektes. Vergessen daher, da die staatliche Präsenz in dieser Region allenfalls als rudimentär gelten kann. Während des Besuchs kam es zu Treffen mit verschiedenen Akteuren der Zivilgesellschaft sowie mit Behördenvertreter_innen. Neben den Menschenrechtsverletzungen in Naturschutzgebieten standen ebenso die Themen der Rechte von Frauen und Transsexuellen sowie die Auswirkungen von wirtschaftlichen Großprojekten auf der Tagesordnung der Besuchsweise.
Besonders erwähnenswert war der Besuch bei den vertriebenen Familien aus dem Dorf Centro Uno, das sich im Nationalpark Sierra del Lacandón befand. pbi beobachtete, dass diese Menschen mehr als sieben Jahre nach ihrer Vertreibung aus ihrem Dorf weiterhin in einem Kontext völliger Schutzlosigkeit leben sowie keinen Zugang zu einer lebensnotwendigen Grundversorgung haben. Nach der Vertreibung wurden die Familien nicht umgesiedelt, sondern an einer Straße der Hauptstadt des Departements ausgesetzt. Sie wohnen heute an verschiedenen Orten – dort, wo sie sich die Miete der Grundstücke leisten können. Die sozialen Beziehungen der Dorfgemeinschaft sind dauerhaft zerstört worden.
Internationale Standards verlangen, dass bereits vor einer Vertreibung ein neuer Wohnort gefunden werden muss. Aber nur selten hält Guatemala diese internationalen Standards ein, wie sich erst wieder im Juni 2017 zeigte, als der zentralamerikanische Staat die Gemeinde Laguna Larga an der Grenze zu Mexiko vertrieb. Bis zum heutigen Tag leben die vertriebenen Familien, ca. 500 Personen, in prekären Umständen im Grenzgebiet zwischen den beiden Nachbarstaaten.
Tausende Menschen in Peténs Naturschutzgebieten leben in ständiger Angst, aus ihren Dörfern vertrieben zu werden, haben keinen Zugang zu Basisdienstleistungen wie Stromversorgung, Gesundheitseinrichtungen und Schulen. Aus diesen Gründen schlossen sich die Gemeinden der beiden größten Nationalparks Guatemalas (Laguna del Tigre und Sierra del Lacandón) zusammen und stellten am 28. September 2016 dem Kongress einen Alternativen Vorschlag für integrale und nachhaltige Entwicklung vor. Ziel ist, ihren dauerhaften Aufenthalt in den Schutzgebieten zu garantieren und gleichzeitig den Umweltschutz voranzutreiben und die natürlichen Ressourcen zu schützen. Der Vorschlag erhielt anfangs viel Aufmerksamkeit, auch in höchsten Regierungskreisen. Der kurz darauf einberufene Runde Tisch hat sich bis zum heutigen Tage allerdings festgefahren.
Ihr wollt mehr über die Menschenrechtslage der guatemaltekischen Bevölkerung in Naturschutzgebieten erfahren? Lest den dazugehörigen Artikel in der Zeitschrift des pbi-Guatemalaprojekts.
>> Petén, sobrevivir en áreas protegidas. La vida en las comunidades de la Sierra del Lacandón y la Laguna del Tigre (spanisch)
>> Living in protected areas. The life of communities in Sierra del Lacandón and Laguna del Tigre, Petén (englisch)
Für den gesamten Bericht der Petén-Reise werft einen Blick in den monatlich erscheinenden Newsletter des pbi-Guatemalaprojekts.
>> Paquete de información mensual de Guatemala – Noviembre de 2017 (spanisch)
>> Monthly information packets Guatemala – November of 2017 (englisch)
Die Interamerikanische Menschenrechtskommission hat sich dem Fall Laguna Larga angenommen und Schutzmaßnahmen angeordnet, um das Leben und die persönliche Unversehrtheit der vertriebenen Familien zu schützen. Lest die komplette Presseerklärung der Organisation der Vereinten Staaten Amerikas (spanisch / englisch).
Text: Stephanie Brause
Foto: Francisco Hernando Vanegas Toro