Liebe:r Unterstützer:in,

2020 hatte es in sich: Die Corona-Pandemie stellte sowohl uns in der pbi Geschäftsstelle in Hamburg als auch die Einsatzstellen in unseren Projektländern vor neue, unerwartete Herausforderungen. Freiwillige und Fachkräfte mussten zum Teil aus den Ländern ausgezogen, Veranstaltungen abgesagt und neue digitale Prozesse entwickelt werden. Es gab und gibt viel zu tun, denn die anhaltende Corona-Krise verschärft weiterhin die Bedingungen in unseren Projektländern. Es treten vermehrt Menschenrechtsverletzungen auf und Menschenrechtverteidiger:innen (MRV:innen) können nur erschwert ihre Arbeit ausüben. Wie sich die Pandemie in Kolumbien, Mexiko, Honduras, Guatemala, Costa Rica (Nicaragua) sowie Kenia, Indonesien und Nepal auswirkt, können Sie auf den nachfolgenden Seiten lesen.

Oder Sie können sich auf unserer Website ausführlicher informieren: www.pbi-deutschland.de/aktuelles/corona Auch dieses Jahr, 2021, wird uns vor neue Herausforderungen stellen, denen wir gemeinsam mit Menschenrechtsverteidiger_innen mutig begegnen möchten. Wir bedanken uns von Herzen bei Ihnen, unseren Unterstützer_innen, denn Sie machen es mit Ihrem Engagement und Ihrer Spende möglich, dass wir unsere Arbeit für die Menschenrechte realisieren können. Wir wünschen Ihnen sowie allen Menschenrechtsverteidiger:innen trotz aller Widerstände ein friedliches Jahr.

Herzliche Grüße und Danke
Michaela Stemplinger 
(Vorstand pbi Deutschland)


 

Schützen Sie mit Ihrer Spende das Leben und die Arbeit von Aktivist:innen!

Jetzt online spenden

 


Guatemala

Nachdem die ehemalige guatemaltekische Regierung Anfang 2019 das Mandat der von den Vereinten Nationen eingesetzten Kommission gegen Korruption und Straflosigkeit einseitig beendet hat, ist im Land ein rasanter Abbau von Rechtsstaatlichkeit zu beobachten. Daran hat auch der Regierungswechsel zu Beginn des letzten Jahres nichts geändert. Angehörige des Justizwesens, die gegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen vorgehen, werden diffamiert und des Amtes enthoben. Zudem werden Gesetze entworfen, die darauf abzielen, den Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft einzuschränken und unter stärkere staatliche Kontrolle zu bringen. Der Verabschiedung eines NGO-Gesetzes ist das Verfassungsgericht entgegengetreten; dazu hat die Regierung bislang noch keinen Neuentwurf vorgelegt. Die aufgrund der Corona-Pandemie verordneten Restriktionen bergen die Gefahr in sich, zusätzlich zur Verletzung grundlegender Bürgerrechte, wie die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, beizutragen. So hat auch die Anzahl von Aggressionen gegen Menschenrechtsverteidiger:innen 2020 zugenommen, insbesondere in ländlichen Gebieten. Ein besonders drastischer Anstieg ist in Fällen von Kriminalisierung, das heißt willkürlicher strafrechtlicher Verfolgung von MRV:innen, zu beobachten.

Kolumbien

2020 war ein weiteres schwieriges Jahr für die Menschenrechte in Kolumbien. Von März bis September befand sich das Land wegen der Corona-Pandemie in einem strengen Lockdown. Dies bedeutete, dass Menschenrechtsverteidiger_ innen nicht mehr in die Regionen fahren konnten, um Missstände zu überprüfen oder um mit den Menschen vor Ort zu arbeiten – auch die physische Schutzbegleitung durch pbi war nicht möglich. Vier Jahre nach der Unterzeichnung eines Friedensvertrages zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerillabewegung FARC ist dessen Umsetzung gefährdet und bewaffnete Akteure sind weiterhin aktiv. Aus der Zivilgesellschaft wurde die Forderung eines Waffenstillstandes laut. Statt darauf einzugehen, ging die Gewalt auch während des Lockdowns weiter, so stieg die Zahl der Ermordungen von MRV:innen weiter an. Anfang Mai wurde zudem über erneute Fälle von illegaler staatlicher Überwachung von Oppositionellen, Anwält:innen und Aktivist:innen berichtet. Eine weitere besorgniserregende Entwicklung ist die zunehmende Gewalt bei Protesten, unter anderem gegen die Regierung und Polizeigewalt, wodurch bereits mehrere Menschen getötet wurden

Mexiko

Seit dem Regierungswechsel vor zwei Jahren hat sich die Menschenrechtslage eindeutig verbessert, wobei auch die Anzahl an Übergriffen gegen Menschenrechtsverteidiger:innen deutlich gesunken ist. Gleichwohl sind die Einschätzungen der mexikanischen zivilgesellschaftlichen Organisationen zwiespältig, da die meist von Sicherheitskräften (Polizei, Militär) begangenen Menschenrechtsverletzungen weiterhin nicht geahndet werden. Die Straflosigkeit bleibt ein endemisches Problem in Mexiko. Darüber hinaus setzt die Regierung gleich ihrer Vorgänger auf eine Militarisierung der öffentlichen Sicherheit. Verteidiger:innen von Land und Umwelt, unter ihnen auch die Vertreter:innen indigener Völker, gehören zur gefährdetsten Gruppe von MRV:innen. Sie wehren sich gegen die Auswirkungen des Baus von Windkraftanlagen, Staudämmen und Gasleitungen, die Umweltschäden verursachen und ihre Existenz bedrohen. Trotz der deutlichen Verbesserung der Menschenrechtslage ist in Mexiko eine Zunahme an Übergriffen und polizeilicher Gewalt bei friedlichen öffentlichen Protestaktionen zu beobachten. Dazu gehören auch Demonstrationen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, welche in Mexiko sehr ausgeprägt ist

Honduras

Die Auswirkungen der Pandemie auf die Bevölkerung in Honduras und die Lage der Menschenrechte und ihrer Verteidiger_innen machen sich auf verschiedenen Ebenen bemerkbar. Bäuer_innen, die von ihren Häusern zu ihren Feldern zum Teil weite Wege zurücklegen müssen, werden immer wieder von Polizei und Militär wegen der verhängten Ausgangssperre festgehalten. LGBTIQA+-Personen sind seit den Pandemie-Restriktionen einem noch größeren Risiko ausgesetzt: Gerade Transfrauen, für die Sexarbeit aufgrund von Diskriminierung eine der sehr wenigen Möglichkeiten ist, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, müssen die Ausgangssperre brechen und riskieren, verhaftet oder Opfer von Gewalt zu werden. Seit Beginn der Pandemie in Honduras gab es 23 Angriffe gegen Journalist_innen, die den Staat für seine Maßnahmen kritisierten. Viele Menschenrechtsorganisationen berichten, dass der honduranische Staat die Arbeit der Menschenrechtsverteidiger:innen erschwert, indem er ihnen keine Passierscheine ausstellt.

Costa Rica (Nicaragua)

Anfang 2020 eröffnete pbi ein neues Projekt in Costa Rica, das Nicaraguaner:innen im Exil unterstützt, die aufgrund der eskalierten politischen Gewalt gezwungen waren, ihr Land zu verlassen. In der Hoffnung, nach einer Verbesserung der Bedingungen nach Nicaragua zurückzukehren, unterhalten sie weiter Verbindungen zu nicaraguanischen Menschenrechtsbewegungen. Die Unruhen in Nicaragua begannen im April 2018, als die Regierung von Präsident Ortega eine kontroverse Änderung der Sozialversicherung einführte. Dies löste eine Welle von Protesten aus, die die Regierung gewaltsam niederschlug. Tausende Personen wurden verletzt, hunderte unrechtmäßig festgehalten, verurteilt, gefoltert oder gar umgebracht. Seit Beginn der Krise flohen bereits mehr als 110.000 Personen aus Nicaragua, die Mehrzahl davon ins Nachbarland Costa Rica. Das pbi-Projekt thematisiert die psychischen Folgen von Vertreibung, fördert den Aufbau von Netzwerken unter den geflüchteten Aktivist_innen im Exil und bietet Sicherheitsworkshops für diese an.

Indonesien

Im Schatten der Corona-Pandemie wurden 70 Gesetze verabschiedet oder geändert sowie Menschen- und Bürgerrechte weiter eingeschränkt. Nachdem Proteste zu den Gesetzesvorhaben wegen der Pandemie unmöglich wurden, sind Änderungen verabschiedet worden, die Umweltstandards und Arbeitsrechte untergraben sowie die Kompetenzen der erfolgreichen Anti-Korruptionsbehörde beschneiden. Die zweite Amtszeit von Präsident Joko Widodo hat die Erwartungen zur Stärkung der Zivilgesellschaft und der Beendigung der Gewalt in Westpapua enttäuscht. Religiöse Minderheiten sind heute weniger vor Gewalt und Einschüchterung geschützt als zuvor. In Westpapua befinden sich tausende Indigene auf der Flucht vor Militäroperationen ohne ausreichenden Zugang zu Nahrung, Gesundheitsversorgung und Bildung. Der Zugang für Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen sowie Journalist:innen wird weiterhin verwehrt. Demonstrationen indigener Papuas werden von den Sicherheitskräften häufig mit Gewalt unterbunden und indigene MRV_innen oft wegen Landesverrat angeklagt. Die MR-Partnerorganisationen von pbi können den vielen Anfragen nach Sicherheits- und Advocacytrainings von indonesischen Umwelt- und MR-Aktivist:innen kaum nachkommen.

Nepal

Die andauernde Corona-Pandemie prägt das gesellschaftspolitische Leben auch in Nepal massiv. Besorgniserregend ist, dass die Pandemie und die mit ihr in Verbindung stehenden Maßnahmen zu einer weiteren Verschärfung der Menschenrechtslage führen, insbesondere für benachteiligte Gruppen. Das Team des NepalMonitor-Projekts darf trotz der immensen Herausforderungen, die das vergangene Jahr stellte, auf bemerkenswerte Erfolge zurückblicken, die der skizzierten Entwicklung entschieden entgegentreten. So konnten sowohl unser Projektpartner COCAP, als auch das Nepal-Dialogforum, in dem pbi Mitglied ist, jeweils mit einem Bericht an dem aktuellen Universal Periodic Review-Prozess teilnehmen und damit unter der Schirmherrschaft des UN-Menschenrechtsrats dazu beitragen, die Menschenrechtssituation in Nepal zu verbessern. Im Bereich der Trainings für Menschenrechtsverteidiger_innen war es dem Team möglich, das Angebot zunächst über digitale Kanäle, später im Jahr auch wieder im Rahmen von Präsenzveranstaltungen kontinuierlich anzubieten, um die unersetzbare Arbeit von MRV_ innen auch in dieser Zeit zu unterstützen. Weiterhin veröffentlichte das Team regelmäßig Analysen und Trendberichte, auch zu den Einflüssen der Pandemie. Mehr unter: nepalmonitor.org

Kenia

Seit Beginn der Corona-Pandemie gelten in Kenia verschärfte Ausgangsbeschränkungen. Die Durchsetzung der Maßnahmen ging oft mit unverhältnismäßiger Polizeigewalt einher. Insbesondere in den informellen Siedlungen Nairobis erhöhten sich die Fälle außergerichtlicher Tötungen. Im Februar 2020 fand ein Besuch der UN-Sonderberichtserstatterin für außergerichtliche Tötungen, Agnés Callamard, statt. Dieser Besuch erhöhte nicht nur die Sichtbarkeit der MRV:innen, sondern führte auch zu einer Reihe von Advocacytätigkeiten und Vernetzungen zwischen den MRV:innen und der internationalen Gemeinschaft. Darüber hinaus unterstützt pbi weiterhin die „Toolkit Organiser“, eine Gruppe von 15 MRV:innen, die sich u.a. gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt einsetzen. In Kenia stiegen die Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen während der Pandemie an. Die Betroffenen konnten oft keine Unterstützung aufsuchen, da offizielle Stellen aufgrund der Pandemie schließen mussten. Der unermüdliche Einsatz der Toolkit Organiser war daher umso bedeutsamer und verdeutlicht abermals, wie wichtig die Unterstützung von MRV:innen und Zivilgesellschaft ist.

pbi-Bildungsprojekt Deutschland

2020 konnten viele geplante Veranstaltungen und Seminare wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Doch einen Lichtblick gab es: Im Sommer wurde das Festival „Human Rights on the Move“ in Hamburg ausgerichtet. Austausch, Vernetzung und Diskussion wurden unter freiem Himmel ermöglicht. Die Umstellung auf digitale Formate stellte uns vor neue Aufgaben. Welches Tool wählen, wie die Veranstaltung gelungen moderieren und durchführen? Doch aus Herausforderungen entstehen auch Chancen. So organisierten wir im Rahmen der LateinamerikaTage 2020 zwei digitale Seminare. Die Videokonferenz mit Meschenrechtsaktivist_in Jacob* Ellis Williams ermöglichte Interessierten einen detaillierten Einblick in Ihr* Wirken in Costa Rica (Nicaragua), insbesondere in der LGBTIQA+-Exilgemeinschaft. Mieke Wolter, ehemals Freiwillige in Honduras, berichtete im zweiten Vortrag über die Fragestellung „Wem gehört das Land? — Landrechte in Honduras“ und erzählte eindrücklich von ihren Begleiteinsätzen vor Ort

Finanzen

Der Jahresabschluss 2020 steht noch aus, momentan ist jedoch absehbar, dass rund 2,03 Mio. € Fördermittel und Spenden eingeworben wurden. Davon wurden 1,53 Mio. € an die pbi-Projekte im Ausland weitergeleitet. Wie im vergangenen Jahr zeichnen sich für Aktivitäten in Deutschland, inklusive des pbi-Bildungsprojekts, Ausgaben in Höhe von rund 496.000 € ab. Die endgültigen Zahlen können Sie dem Jahresbericht auf unserer Website entnehmen, sobald diese geprüft sind. >> Zu den Jahresberichten

Ausblick 2021 | 40 Jahre pbi

Aktuell ist es schwer einzuschätzen, was in unserem Jubiläumsjahr möglich sein wird. Wir hoffen, dass Präsenzveranstaltungen wieder möglich werden und dass der direkte Austausch von Menschenrechtsverteidiger_innen mit Interessierten und Politiker_innen wieder stattfindet. Auch 2021 werden wir Teil der RomeroTage sein, die im März und April digital sowie in Hamburg stattfinden werden. Auch streben wir die erneute Ausrichtung des Menschenrechtsfestivals „Human Rights on the Move“ an. Wir hoffen, dass das pbi-Bildungsprojekt darüber hinaus Seminare und Workshops veranstalten darf und wir dadurch wieder Menschenrechtsbildung in Deutschland ermöglichen können. Wir hoffen auch im Jahr 2021 auf Ihre Unterstützung. Nur mit Ihrer Hilfe können wir unsere Ansätze der Schutzbegleitung, der Advocacyarbeit und dem Capacity Development erfolgreich realisieren und dadurch Menschenrechtsverteidiger:innen schützen und begleiten. 

>> Spendenbrief 2021 als PDF
 


 

Ihre Spende schützt Menschenrechtsverteidiger:innen!

Jetzt online spenden


Spenden per Überweisung – unser Spendenkonto

pbi – Deutscher Zweig e.V.
Bank: GLS Bank
IBAN: DE14430609672020406000
BIC: GENODEM1GLS