28.02.2024 – Lange haben die Europäische Kommission, das EU-Parlament und der Rat das EU-Lieferkettengesetz verhandelt – auch Deutschland hat sich intensiv dafür eingesetzt. Doch nun steht das Gesetz aufgrund der geplanten deutschen Enthaltung bei der EU-Abstimmung auf der Kippe. In der heutigen Abstimmung im Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rates (COREPER) konnte erneut keine qualifizierte Mehrheit für das EU-Lieferkettengesetz erreicht werden.

Obwohl der Entwurf für das EU-Lieferkettegesetz in einigen Punkten hinter den Erwartungen zurückbleibt und unter anderem nicht die wichtige Rolle von Menschenrechtsverteidiger:innen (MRV) anerkennt, würde die Richtlinie es ermöglichen, große Unternehmen für menschenrechtliche und umweltbezogene Auswirkungen in ihren globalen Wertschöpfungsketten zur Verantwortung zu ziehen. Zudem sieht das Gesetz vor, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen vor Gericht ziehen und Unternehmen für Verstöße gegen ihre Verpflichtungen haftbar gemacht werden können.

Die Wichtigkeit des EU-Lieferkettengesetz wird auch im Alltag der von pbi begleiteten Menschenrechtsverteidiger:innen deutlich. Denn die Menschen, die sich gegen die Zerstörung ihres Lebensraumes und gegen Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette einsetzen, sind besonders großen Gefahren ausgesetzt. 2022 meldete Global Witness knapp 2.000 Morde an MRV seit 2012. Darüber hinaus sind Menschenrechtsverteidiger:innen einer Vielzahl anderer Gefahren ausgesetzt: Stigmatisierung, Überwachung, Drohungen, körperlichen Übergriffen und Kriminalisierung. Oftmals lassen sich repressive Handlungen auf Unternehmensmitarbeiter:innen und von diesen beauftragte private Sicherheitsfirmen zurückführen. 

Die finale Abstimmung über das Lieferkettengesetz im Rat der Europäischen Union wurde kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben. Doch die Zeit drängt, da Anfang Juni die Wahlen für das Europäische Parlament anstehen. 

Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen appellierten in den vergangenen Tagen an Bundeskanzler Olaf Scholz, sein Führungsversprechen einzulösen und von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen, um das EU-Lieferkettengesetz mit einer deutschen Zustimmung zu retten. 

Auch pbi fordert ein nachhaltig wirksames EU-Lieferkettengesetz und die Einhaltung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten durch Unternehmen.

>> Die Forderungen von pbi an das EU-Lieferkettengesetz (Nov 2022)