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01.04.2020 – Laut dem CIVICUS–Monitor leben nur etwa drei Prozent der Weltbevölkerung in Ländern mit offenen Zivilgesellschaften. Guatemala gilt in dieser Auflistung als ein Land, in dem der Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft als „eingeschränkt“ angesehen wird. Dies bedeutet, dass formal zwar Rechte und Freiheiten existieren, diese aber beispielsweise durch illegale Überwachung, Repression und physische Angriffe auf Journalist_innen nur eingeschränkt lebbar sind. Zusätzlich droht sich durch eine Gesetzesinitiative der guatemaltekischen Regierung die Situation für die Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen dramatisch zu verschlechtern.

Im Februar 2020 wurde im guatemaltekischen Kongress eine Reform des bestehenden Gesetzes über regierungsunabhängige Entwicklungsorganisationen verabschiedet. Dieses Gesetz wurde von Präsident Alejandro Giammattei Ende Februar unterzeichnet. Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof nur wenige Tage nach der Unterzeichnung das Inkrafttreten des Gesetzes verhindert. Vier Verfassungsrichter_innen stimmten dafür, der Klage mehrerer Organisationen gegen das Gesetz stattzugeben. In der Entscheidung beruft sich der Verfassungsgerichtshof auf Einschätzungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission sowie des Büros der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR).

Präsident Giammattei argumentierte, dass durch das reformierte Gesetz mehr Klarheit und Transparenz in die Finanzen von Nichtregierungsorganisationen gebracht werde. Die Verfassungsrichter_innen argumentierten jedoch, dass durch das Gesetz die Möglichkeit besteht, politisch ungewollte Organisationen loszuwerden und durch das Gesetz „die Verletzung der Menschenrechte zu befürchten“ ist. Der Präsident hat das Veto des Verfassungsgerichtshofs akzeptiert und angekündigt, einen modifizierten Gesetzentwurf vorzulegen.

Besonders besorgniserregend ist der Artikel 15 des Gesetzes, der besagt, dass dem Präsidenten oder der Exekutive die Möglichkeit gegeben ist, jeder Organisation den legalen Status zu entziehen, wenn diese Organisation „die öffentliche Ordnung stört“. Von mehreren Organisationen wird kritisiert, dass diese Formulierung zu unbestimmt ist und somit die Gefahr einer willkürlichen Anwendung des Gesetzes gegeben ist.

Die sich auf internationale Organisationen stützende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zeigt, dass die Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Guatemala weiterhin internationale Unterstützung erfordert. Deshalb steht pbi mit Botschaften und Politiker_innen in Kontakt und weist auf Gefahren und Rechtsverstöße hin, in der Hoffnung, dass sich diese in diplomatischen Beziehungen für die Einhaltung von Menschenrechten und Demokratie einsetzen.

Text: Jakob Rieder