15.10.2025 – Zivilgesellschaftliche Handlungsspielräume werden in Zentralamerika zunehmend durch Autoritarismus, Korruption und Straflosigkeit eingeschränkt. Umso bedeutender ist der mutige Einsatz von Menschenrechtsverteidiger:innen, die in der Region für Gerechtigkeit, Demokratie und eine nachhaltige Zukunft kämpfen. Doch ihr Engagement ist gefährlich: Immer wieder werden sie stigmatisiert, bedroht, kriminalisiert oder sogar getötet.
Besonders gefährdet sind Landrechts- und Umweltverteidiger:innen – und damit häufig indigene Gemeinschaften. Ihre Gefährdungssituation wurzelt in den historischen Konflikten um Land und natürliche Ressourcen, die in der Region bis heute nachwirken. Zwischen 2012 und 2023 wurden mindestens 79 Menschen in Nicaragua, 86 in Guatemala und 149 Menschen in Honduras aufgrund ihres Einsatzes für den Zugang zu Land und Umweltschutz getötet¹.
Die Regionen Alta und Baja Verapaz im Norden Guatemalas gehören zu jenen Gegenden, in denen sich die Lage in den letzten Jahren besonders verschärft hat. Die Ausweitung von Monokulturen, etwa im Palmölsektor, extensive Viehzucht und die Förderung von Infrastrukturprojekten haben eine anhaltende Welle von Zwangsvertreibungen ausgelöst. Davon betroffen sind vor allem indigene und kleinbäuerliche Familien, die dadurch ihre Lebensgrundlage verlieren und in prekären sozio-ökonomischen Verhältnissen verbleiben.

Überwachung und Verfolgung bis ins Exil
In einigen Ländern – wie etwa Nicaragua – führen die massiven Einschränkungen zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume dazu, dass Aktivist:innen ins Exil gezwungen werden. Seit 2018 befindet sich das zentralamerikanische Land in einer politischen Abwärtsspirale, ausgelöst durch die gewaltsame Zerschlagung von Massenprotesten gegen eine geplante Sozialreform. Seither geht die Regierung unter der Führung von Daniel Ortega und seiner Frau Rosario Murillo zunehmend autoritär gegen regierungskritische Stimmen vor. Seit Ende 2018 wurde mehr als 5.400 gemeinnützigen Organisationen der Rechtsstatus entzogen².
Mehr als 800.000 Nicaraguaner:innen haben vor diesem Hintergrund das Land verlassen, darunter zahlreiche Menschen, die sich zuvor für ein rechtsstaatliches und demokratisches Nicaragua eingesetzt hatten. Viele von ihnen leben nun im Exil im Nachbarland Costa Rica und setzen ihr Engagement von dort aus fort. Doch auch in Costa Rica geht der Einsatz mit Gefahren einher: Immer wieder berichten Betroffene von Überwachung und Drohungen. Im Juni 2025 wurde mit Roberto Samcam erstmals eine prominente Stimme der nicaraguanischen Opposition im Exil getötet.
Ungenügende Schutzmaßnahmen und Straflosigkeit
Trotz der anhaltenden Risiken, denen Menschenrechtsverteidiger:innen ausgesetzt sind, bleiben politische Strategien und Ansätze zum Schutz von Betroffenen häufig unzureichend. Honduras ist das einzige Land in der Region, das seit 2015 über einen gesetzlichen Schutzmechanismus für Menschenrechtsverteidiger:innen und Journalist:innen verfügt. Zu den möglichen Sicherheitsmaßnahmen zählen Personenschutz, schusssichere Westen oder Alarmsysteme. Doch die ungenügende finanzielle und personelle Ausstattung des Mechanismus, erhebliche Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen sowie die mangelnde Anpassung der Maßnahmen an den spezifischen Kontext der Betroffenen zählen zu den Faktoren, die seine Wirksamkeit in der Praxis erheblich einschränken.
Für eine nachhaltige Verbesserung der Sicherheit von Menschenrechtsverteidiger:innen braucht es zudem präventive Ansätze, die die Ursachen der anhaltenden Gewalt klar benennen und wirksam bekämpfen. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte verpflichtete den guatemaltekischen Staat in diesem Sinne bereits im Jahr 2014 zur Schaffung einer öffentlichen Politik unter breiter zivilgesellschaftlicher Beteiligung, um die Voraussetzungen für eine sichere Ausübung der menschenrechtlichen Arbeit zu gewährleisten³. Die Verabschiedung eines bereits erarbeiteten Vorschlags steht jedoch weiterhin aus.
1 Global Witness (2024): Missing Voices. The Violent Erasure of Land and Environmental Defenders; S. 15
2 UN Human Rights council (2025): Informe del Grupo de Expertos en Derechos Humanos sobre Nicaragua; S. 13; https://docs.un.org/es/A/HRC/58/26
3 Inter-American court of Human Rights (2014): Case of Human Rights Defender et al. v. Guatemala. Urteil vom 28.08.2014; https://www.corteidh.or.cr/docs/casos/articulos/seriec_283_ing.pdf
Text: Laura Kühn (Advocacy-Referentin bei PBI Deutschland)
Der Text erschien in der Ausgabe 3/2025 des FIAN-Magazins „FoodFirst“
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