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16.08.2020 – Am 9. August wurde der Internationale Tag der indigenen Gemeinschaften unter dem Motto „COVID-19 und die Widerstandsfähigkeit Indigener“ gefeiert. Dabei wurden die Bemühungen indigener Gemeinschaften gewürdigt, durch ihr Wissen und ihre traditionellen Praktiken nach eigenen Lösungen für die Pandemie zu suchen. Die Vereinten Nationen haben erkannt, dass Indigene beispielhaft zeigen können, wie das Risiko künftiger Pandemien verringert und die Beziehungen zur Natur wieder ins Gleichgewicht gebracht werden können. In den von Indigenen bewohneten Gebieten finden sich nämlich 80% der weltweiten Biodiversität.

Mexiko: Indigene und die Verteidigung von Land in Zeiten von Covid-19Obwohl Indigene eine grundlegende Wissensquelle darstellen, gehören sie zu der von der Pandemie am stärksten gefährdetsten Bevölkerungsgruppe. In Mexiko sind sie aufgrund der hohen strukturellen Marginalisierung und Armut nach wie vor besonders gefährdet. Dies obwohl Schätzungen zufolge ca. 25 Millionen Menschen (~20%), die in Mexiko leben, sich als Indigene begreifen.

Indigene Landrechtsverteidiger_innen sind eine stark bedrohte Gruppe. Laut dem jüngsten Bericht von Global Witness, hat die COVID-19-Pandemie die Probleme von Land- und Umweltverteidiger_innen weltweit verschärft. Der Bericht hebt hervor, dass die Regierungen in mehreren Ländern die Krise genutzt haben, um drastische Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Bürger_innen zu kontrollieren und die bestehenden Umweltvorschriften zurückzunehmen. So wurden beispielsweise Konzessionen ohne vorherige Konsultation der Gemeinden erteilt. Der Bericht zeigt, dass von den 212 Land- und Umweltverteidiger_innen, die im Jahr 2019 weltweit getötet wurden, 40% aus indigenen Gemeinschaften stammten, während diese Gemeinschaften nur 5% der Weltbevölkerung ausmachen. Mehr als zwei Drittel der Morde fanden in Lateinamerika statt, der am stärksten betroffenen Region. Mexiko steht mit 18 Morden an vierter Stelle.

Otilia Martínez Cruz und ihr Sohn Gregorio Chaparro Cruz aus der indigenen Gemeinschaft Coloradas de la Virgen in der Gemeinde Guadalupe y Calvo, Chihuahua, begleitet von der Organisation Alianza Sierra Madre (ASMAC) gehörten zu den 18 Verteidiger_innen, die im vergangenen Jahr ermordet wurden. Otilia und Gregorio waren Verwandte von Julián Carrillo und fünf anderen Menschenrechtsverteidiger_innen, die seit 2013 ermordet wurden. Otilia und Gregorio wurden angeblich auf Befehl lokaler Holzfäller als Repressalie für ihren Kampf gegen die illegale Entwaldung auf ihren Ahnengebieten in der Sierra Tarahumara hingerichtet.

Das Gebirge von Chihuahua ist eines der riskantesten Gebiete für indigene Menschenrechtsverteidiger_innen. In seinem jüngsten Bericht verzeichnete das mexikanische Zentrum für Umweltrecht (CEMDA — Centro Mexicano de Derecho Ambiental) 39 Angriffe auf Verteidiger_innen des Landes und der Umwelt im Jahr 2019, wobei Chihuahua unter den mexikanischen Bundesstaaten an fünfter Stelle steht. Die Morde stellen nur die Spitze des Eisbergs vieler anderer Formen der Gewalt dar, denen sie ausgesetzt sind, einschließlich Belästigung, Drohungen, Verletzungen, Sachschäden und der Zwangsvertreibung ganzer Familien.

Vor kurzem alarmierte ASMAC, die seit 2018 von pbi begleitet wird, zusammen mit anderen Organisationen in einer Erklärung, dass eine bewaffnete Gruppe Mitglieder der indigenen Gemeinschaft Ódami sowie Mitglieder der ASMAC bedrohte. Ebenso hat die Organisation Todos los Derechos para Todas y Todos eine dringende Warnung veröffentlicht, in der sie die Regierung auffordert, die Sicherheit der Gemeinden Guadalupe und Calvo und die der Mitglieder der ASMAC zu gewährleisten. pbi brachte ihre Besorgnis über die Schwere der Vorfälle zum Ausdruck, die sich trotz Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ereigneten. Wir fordern die zuständigen Behörden auf, alles zu unternehmen, um die Sicherheit der Gemeinschaft und der Mitglieder der ASMAC zu gewährleisten, damit die Verantwortlichen für diese Aggression zur Rechenschaft gezogen werden und die Kontinuität der wichtigen Arbeit der Menschenrechtsverteidiger_innen in der Region gewährleistet ist.

In diesem Klima der Straflosigkeit und der institutionellen Verzögerungen, verschärft durch die globale gesundheitliche Notlage, ist die Arbeit der ASMAC und der indigenen Verteidiger_innen von Land, Territorium und Umwelt von unschätzbarem Wert. Ihre Leidenschaft und ihre Kämpfe inspirieren uns jeden Tag. Sie leisten einen grundlegenden Beitrag zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte und zum Erhalt unserer natürlichen Ressourcen.

Text: pbi Mexiko; Übersetzung: Jakob Rieder