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26.08.2020 – Die Friedensgemeinde San José de Apartadó liegt mitten in der konfliktreichen kolumbianischen Region Urabá. Weit entfernt von Gesundheitsinstitutionen und staatlicher Unterstützung sind die Bewohner_innen auch zu normalen Zeiten vielen Risiken ausgesetzt. Mit der Corona-Pandemie spitzt sich nicht nur die Gesundheitslage vor Ort zu, sondern auch die Gewalt durch bewaffnete Gruppierungen nimmt zu. 

Friedensgemeinde San José de ApartadóDie Friedensgemeinde San José de Apartadó hat viel Erfahrung, wenn es um Bedrohungen, eingeschränkte Bewegungsfreiheit und Krisenbewältigung geht. Seit ihrer Gründung vor 23 Jahren wehrt sich die Gemeinschaft gewaltfrei gegen bewaffnete Gruppen, die die Kontrolle über Land und Ressourcen in der Region anstreben. Wegen ihres Widerstands sind bisher über 300 Gemeindemitglieder umgebracht worden. Dennoch hat die Gemeinde als Ganzes überlebt und Herausforderungen erfolgreich überwunden. Grund dafür ist mitunter der Fokus auf das Kollektiv statt auf das Individuum. An Entscheidungsprozessen werden immer verschiedene Stimmen gehört und abgewogen und im Vordergrund steht das Gemeinwohl. 

Die Gesundheit unserer Nachbar_innen ist unsere Gesundheit

Solche Eigenschaften sind momentan gerade in ländlichen Gebieten sehr wichtig, denn dort sind die Bewohner_innen häufig auf sich alleine gestellt; gesundheitliche Zentren sind weit entfernt, staatliche Unterstützung fehlt oder dauert zu lange. Die Gemeinde San José de Apartadó lebt schon lange unter diesen Bedingungen und übernahm früh Verantwortung. Schon vor der öffentlich eingeführten Quarantäne begann die Gemeinschaft Maßnahmen umzusetzen, die sie selbst sowie die breite Bevölkerung schützen. Unter anderem reduzierten sie den Kontakt zwischen Gemeindemitgliedern und Außenstehenden. 

Ein weiteres Problem in der Region sind die bewaffneten Gruppen, die die fehlende Präsenz von staatlichen und internationalen Akteur_innen ausnutzen, um ihre Kontrolle über die Region auszuweiten. pbi ist besorgt über die steigende Anzahl krimineller Vorfälle, die von der Nichteinhaltung der Sperrstunde über Überfälle bis hin zu unrechtmäßigen Vertreibungen reichen. Zudem kursiert das Gerücht, dass die Friedensgemeinde für die Verbreitung von Covid-19 in der Region verantwortlich sei, da sie internationale Begleitung erhalte. Diese Unterstellungen finden aber kein Gehör, denn das Vertrauen zwischen der Friedensgemeinde und den anderen Bewohner_innen in der Umgebung ist groß und gefestigt. Die Friedensgemeinde organisiert seit Jahren kommunale Aktivitäten, setzt sich gegen in der Region begangene Menschenrechtsverletzungen ein und zeigt Solidarität. Sie weiß schon lange, was viele unter uns jetzt während der Corona-Pandemie lernen: Die Gesundheit unserer Nachbar_innen ist unsere Gesundheit und die Sicherheit unserer Gemeinschaft ist die Sicherheit unserer Familie.

Internationale Unterstützung bleibt zentral

Dennoch, die Lage für die Friedensgemeinde San José de Apartadó ist angespannt. Die verschärften Spannungen und fehlende internationale Präsenz bergen Risiken gewaltsamer Ausbrüche. Deshalb bleibt internationale Unterstützung essentiell. Initiativen und Briefe, die auf die Situation in Kolumbien aufmerksam machen, erhöhen den internationalen Druck auf die kolumbianische Regierung, die Sicherheit der Bewohner_innen zu gewährleisten. pbi begleitet die kolumbianische Friedensgemeinde seit 21 Jahren und unterstützt die Gemeinde auch während der Corona-Pandemie aus dem In- und Ausland.

Text: pbi Schweiz