Die Lage der Menschenrechte in Nicaragua

Die Unruhen in Nicaragua begannen im April 2018, als die Regierung eine kontroverse Änderung der Sozialversicherung einführte. Diese sah vor, die Beiträge der Arbeitnehmer:innen zu erhöhen und gleichzeitig die Renten zu kürzen. Dies löste eine Welle von Protesten aus, die die Polizei gewaltsam niederschlug. Präsident Ortegas Regierung ging extrem repressiv vor, was eine traurige Bilanz hinterlässt: Tausende Personen wurden verletzt, hunderte unrechtmäßig festgehalten, verurteilt, gefoltert oder gar umgebracht. Seit Beginn dieser Krise flohen bereits mehr als 300.000 Menschen aus Nicaragua, die Mehrzahl davon ins Nachbarland Costa Rica.

Die Situation in Costa Rica

Der große Andrang an nicara­guanischen Asyl­suchenden in Costa Rica hat schwer­wiegende Folgen. So ist der Lebens­standard für viele Geflüchtete gesunken. Personen der nicara­guanischen Mittel­klasse haben in Costa Rica Mühe, sich Nahrungs­mittel zu verschaffen und ein Dach über dem Kopf zu finden. Personen aus der Arbeiter­klasse sind gar in die absolute Armut gefallen. Manche schlafen auf der Straße oder in Parks. Glücklicher­weise fanden aber viele Nicaraguaner:innen Unter­schlupf bei Verwandten, Freunden, in Hotels oder bei Organisationen. Manche befürchten jedoch, dass die nicaraguanische Regierung Spione nach Costa Rica geschickt hat, um die Demonstrierenden zu verfolgen.

pbi in Costa Rica

Auf Anfrage verschiedener lokaler und regionaler Organisationen im Anschluss an die soziale Krise in Nicaragua im April 2018 führte pbi einen Erkundungsprozess in der Region durch und identifizierte eine große Anzahl von Nicaraguaner:innen, die aufgrund der politischen Unterdrückung in verschiedene Länder ausgereist waren.

Aus diesem Grund hat pbi im Jahr 2020 ein Projekt gestartet, um nicaraguanische Gruppen und Organisationen sowie im Exil lebende Menschenrechtsverteidiger:innen in Costa Rica durch Prozesse der organisatorischen Stärkung, der psychosozialen Begleitung und des Schutzes sowie durch Advocacy- und Öffentlichkeitsarbeit zu begleiten. Das Ziel ist, ihnen bei der Rückkehr in ihr Herkunftsland zu helfen, damit sie ihre Rechte in vollem Umfang ausüben können. Zu den begleiteten Organisationen und Kollektiven gehören: die Bauern- und die Jugendbewegung, die LGBTQIA+-Gemeinschaft, Feministinnen und multiethnische Gemeinschaften aus der Karibik, die aus dem Ausland weiterhin Verbindungen zu den Menschenrechtsbewegungen in Nicaragua unterhalten und hoffen, zurückzukehren, sobald sich die Bedingungen verbessern.

Die Workshops von pbi sind inhaltlich und methodisch an die Bedürfnisse jeder Gruppe angepasst, je nach dem Zyklus ihres Organisationsprozesses, wobei der Gender-Ansatz und die Kultur des Friedens als grundlegende Leitlinien für ihre Entwicklung berücksichtigt werden.

Das Projekt zielt auch darauf ab, das soziale Gefüge der Menschen, die wir im Exil begleiten, durch Räume für den Austausch von Wissen und Strategien zur Verteidigung der Menschenrechte untereinander und mit Menschenrechtsverteidiger:innen in der Region, die von anderen pbi-Projekten begleitet werden, zu stärken.

Derzeit vom Projekt unterstützt werden:

►  Das Pinoleras-Frauennetzwerk: eine 2020 im Exil entstandene Initiative, in der sich Exil-Frauen, die verschiedenen Gruppen angehören (LGBTIQA+, Feministinnen, Basisbewegungen usw.), und unabhängige Frauen als Reaktion auf die politische Unterdrückung organisiert haben, u.a. durch: Unternehmertum,  Ernährungssouveränität, gegenseitige Unterstützung.
► El Bloque Costa Caribe (Der Block der Karibikküste): Diese 2019 im Exil gegründete Gruppe setzt sich aus Vertreter:innen indigener, afro-deszendenter und mestizischer Gemeinschaften der nicaraguanischen Karibikküste zusammen, die für die tatsächliche Integration und Einbeziehung der Küstengemeinschaften in die Räume der sozio-politischen Interessenvertretung kämpfen. Darüber hinaus bieten sie Familien an der Küste Aufmerksamkeit und Beratung in Migrations- und Menschenrechtsfragen.
► Die Bauernbewegung: eine Bewegung, die 2013 aus Protest gegen das Gesetz Nr. 840 zum Bau eines interozeanischen Kanals in Nicaragua entstand, das nach Ansicht der Bewegung die nationale Souveränität beeinträchtigt und die Enteignung des Landes derjenigen, die in dem von dem Projekt betroffenen Gebiet leben, sowie die Verschmutzung des Wassers und den Verlust ihrer Kultur zur Folge hat.
► Außerdem haben wir die Universitätskoordination für Demokratie und Gerechtigkeit (CUDJ) und eine Gruppe von Exiljournalist:innen in Zusammenarbeit mit dem Menschenrechtskollektiv Nicaragua Nunca+ unterstützt. 

Weitere Informationen
>> Portraits und Videos: Die Verteidigung der Menschenrechte kennt keine Grenzen – Stimmen aus dem Exil
>> Publikation: „Voces nicaragüenses en Resistencia“
>> Komik: „Nicaragua continuará…“
>> pbi lanza proyecto de acompañamiento para apoyar a exiliados nicaragüenses en Costa Rica
>> pbi launches new project to support Nicaraguan defenders in exile in Costa Rica
>> Comunidao de Prensa: CIDH manifiesta su preocupación por la continuación de la represión en Nicaragua
>> Podcastreihe „Making Space for Dialogue“

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