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17.04.2018 - Jorge Santos, Koordinator der UDEFEGUA, war im März zu Besuch in der Schweiz und weist in einem Interview mit pbi auf die zunehmende Anzahl von Angriffen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen in Guatemala hin. Es werde darauf abgezielt, den Aktivist_innen die Glaubwürdigkeit und das soziale Ansehen zu entziehen. Der sogenannte «Pacto de Corruptos» trägt maßgebend zum Anstieg der Übergriffe und den prekären Bedingungen im Kampf gegen die Korruption in Guatemala bei.

Jorge Santos_UDEFEGUAJorge Santos glaubt, dass sich die enorme Anzahl von Angriffen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen von 2017 (ungefähr 480 Angriffe) im Jahr 2018 erneut erhöhen wird. So wurden bereits in den letzten Monaten etliche Fälle von Diffamierungen, Kriminalisierung und sogar einige Mordfälle dokumentiert. Diffamierungen und Kriminalisierung sind Versuche jemandem die Legitimität zur Repräsentation jeglicher Interessen und das soziale Ansehen zu entziehen. Gefährlich sei vor allem die hohe Straflosigkeit von 97% in Guatemala. Diese sei für viele eine Lizenz, um weiterhin ungestraft zu diffamieren und zu morden, so Santos.

Korrupte Elite ist immun

Als Beispiel nennt Jorge Santos den von der Zivilbevölkerung benannten «Pacto de Corruptos». Dieser Pakt besteht zwischen der ökonomischen, institutionellen Elite, den Neureichen, welche während dem bewaffneten Konflikt mit dubiosen Geschäften reich wurden und den militärischen und politischen Eliten. Dieser Pakt fühlt sich durch die Arbeit der Internationalen Kommission gegen die Strafffreiheit in Guatemala (CICIG) und die Staatsanwaltschaft deutlich bedroht. Es sind der CICIG und der Staatsanwaltschaft mehr als 100 Personen bekannt, welche vor der Justiz flüchtig sind. Das Problem ist, dass es sich dabei oft um Personen mit sehr viel Macht handelt.

Gesetzesreformen begünstigen die Straffreiheit

Am 13. September des vergangenen Jahres genehmigten in Guatemala 107 Abgeordnete zwei Reformen des Strafgesetzbuches, welche klar die Straflosigkeit und die Korruption begünstigen. In diesen zwei Reformen wird versucht die rechtswidrige Wahlkampf- und Parteienfinanzierung zu erlauben, sowie bereits verurteilte Delinquenten als straffrei zu deklarieren. So versuchen die politischen Eliten ihre Immunität zu wahren und der Korruption freien Lauf zu lassen. Es gab seither einen klaren Anstieg an Gewalt gegen Personen, welche sich gegen den Pacto de Corruptos und sein Netzwerk des organisierten Verbrechens positionieren, betont Jorge Santos. 

Angriff bei der Rückkehr aus der Schweiz

Jorge Santos selbst wurde nur einige Tage nach seiner Rückkehr aus der Schweiz nach Guatemala, am 23. März 2018, brutal angegriffen. Eine vermummte Person schlug ihn am frühen Morgen mit einem Holzknüppel auf den Hinterkopf. Mittlerweile ist er wieder wohlauf und kämpft mit viel Kraft und Mut gegen die Straffreiheit und Korruption in Guatemala.

Text: pbi Schweiz